Ferruccio Busoni

"Indianische Fantasie" op.44

Eine große Persönlichkeit der Musikwelt, die schwer zu deuten und einzuordnen ist, bleibt Ferruccio Busoni auch 90 Jahre nach seinem Tod. Bereits 1888 urteilte Tschaikowsky, die kompositorische Gabe Busonis lobend, mit Bedauern,

"daß Herr Busoni sein Naturell ableugnet mit der Absicht um jeden Preis deutsch zu erscheinen"

Als Sohn eines italienischen Klarinettisten und einer aus dem österreichischen Triest stammenden Mutter wurde Ferruccio Dante Michelangelo Benvenuto Busoni in der Nähe von Florenz geboren, studierte in Wien und Graz, um danach seinen Abschluss an der Accademia Filarmonica in Bologna zu machen. In den darauffolgenden Jahren lebte und wirkte er in Leipzig, Weimar und Berlin, Helsinki, Moskau und Zürich, aber auch für längere Perioden in Boston und New York.

Als Ergebnis seiner Aufenthalte in den USA und der Auseinandersetzung mit der überlieferten Musiktradition der Ureinwohner Amerikas entstanden zwei Hefte unter dem Titel "Indianisches Tagebuch. Klavierstudien über Motive der Rothäute Nordamerikas" sowie die Indianische Phantasie für Klavier und Orchester, op.44 (1914). Dem Beispiel Liszt'scher Rhapsodien folgend, schuf Busoni ein brillantes Werk voll virtuoser Solo-Kadenzen, Oktavläufe und Terzpassagen, das zugleich warme lyrische Stimmung ausstrahlt und für die Musikwissenschaftler nicht uninteressante Wendungen bereithält.

Die Indianische Fantasie stand stets im Schatten von Busonis mächtigem Klavierkonzert, das bis heute wenn nicht das schwerste, so doch das längste Werk dieser Gattung geblieben ist. Erschwerend kam hinzu, dass die Fantasie in den Wirren des Ersten Weltkriegs kaum Beachtung fand. Ihre Aufführungen weltweit (meine inklusive) kann man an einer Hand abzählen. Doch möchte ich hoffen, dass sich diese Situation bald zum Besseren wendet. Die Zeit dafür ist reif!

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